Löschwasserkanonen an der Fassade

Brandschutzklappen zwischen den Einzelgebäuden

Häuser in der niedrig bebauten Mukijima Siedlung

Fotos © Anna Reisert

BRANDWAND XXL

Aufgrund seiner Lage am Treffpunkt dreier tektonischer Platten, ist Tokio für starke Erdbeben anfällig. Eins der stärksten Beben, das bisher die Hauptstadt Japans heimgesucht hat, war das Große Kantō-Erdbeben vom 1923, das mit einer Stärke von M 7,9 großflächige Zerstörungen in Tokio verursachte und 142 800 Menschen das Leben kostete.

Damals breiteten sich Großbrände schnell in der Stadt aus, ganz besonders in Stadtteilen wie Mukojima im Sumida Bezirk, die eine sehr enge Bebauung, überwiegend aus Holz aufweisen.

Um solchen Katastrophen in der Zukunft vorzubeugen, hat die Regierung von Tokio in den letzten Jahrzehnten mehrere bauliche und städteplanerische Maßnahmen unternommen, wie z. B. der Einrichtung von Brandschutzdistrikten, in denen alle Gebäude mit mehr als drei Stockwerken oder eine Fläche von mehr als 100 m² aus unentzündlichem Material hergestellt werden müssen.

Ein weiteres Beispiel sind Gebäudezeilen, die eine Brandwandfunktion haben. Eine solche Siedlung wurde zwischen 1975-1979 am Ufer des Sumida Flußes gegenüber Mukojima erbaut, zusammen mit einem großflächigen Evakuierungsplatz, dem Higashi-Shirahige Park.

Die Anlage besteht aus 17 miteinander verbundenen Gebäuden, die insgesamt eine Länge von ca. 1,5 km haben. Alle Häuser haben eine Höhe von ca. 50 m und sind aus nicht brennbaren Beton gebaut. Alle Fenster und Türen der Häuser sowie die Flächen zwischen den einzelnen Teilen sind mit Brandschutzklappen ausgestattet, die im Falle eines Feuers geschlossen werden können. Alle Gebäude sind zusätzlich mit Wasserkanonen ausgestattet und auf den Dächern befinden sich Wassertanks.

Wenn alle Klappen und Schleusen geschlossen sind, bilden die Häuser eine komplette Brandwand, die die niedrig bebaute Mukijima Siedlung vom Fluss abgrenzt und somit auf dem dazwischenliegenden Platz einen Zufluchtspunkt für ca. 80 000 Menschen bietet.

Ein Lebensmittelspeicher ist auf dem Gelände vorhanden, der über Vorräte für 100 000 Menschen für 7 Tage verfügt. Ein Mechanismus kann die im Park versammelten Menschen mit Essen versorgen.
Der Park ist weiterhin mit immergrünen Bäumen bepflanzt, wie Scheinkastanien oder Südeichen, die durch ihre dichten Kronen die Menschen vor Hitze und Feuerfunken schützen.
1607 Wohneinheiten befinden sich in der Siedlung; auf dem Gelände sind Kindergärten, Tennisplätze, Baseballspielfelder und ein Krankenhaus zu finden.

So beeindruckend die Anlage am Higashi-Shirahige Park auch ist, bleibt sie doch einzigartig. Während ursprünglich mehrere derartige Brandschutzsiedlungen geplant waren, wurden diese Projekte bis heute nicht realisiert. Viele der sonstigen Evakuierungsflächen in Tokio sind leider nicht ausreichend geschützt, sodass im Falle eines Brandes die Sammelplätze nicht erreicht werden können und somit unbrauchbar werden. Schließlich sind in nur 30 % der Bezirke in Japan überhaupt ausgewiesene Katastrophensammelstellen für alte, kranke und behinderte Menschen vorhanden.

Der Higashi-Shirahige Park zeigt auf bewundernswerte Weise, wie ein Gebäude dafür genutzt werden kann, Brandschutz nicht nur für seine Bewohner sondern darüber hinaus für den ganzen Stadtteil zu bieten.

 

Bibliographie:

www.kensetsu.metro.tokyo.jp

www.atlasobscura.com

twitter.com/sunasaji

 

ar

 

Fotos © Anna Reisert